Trikonasana – die Dreieckshaltung
(Autor: Fabian Scharsach)
Das Sinnbild der Übung
In einem weiten Raum verbindet Trikonasana die höheren Ebenen des Geistes mit den Regionen der Erde und aktiviert dabei die – zwischen den beiden Hemisphären vermittelnde – Lebensenergien des dritten Zentrums. Im Bauchraum liegen die aufsteigenden Lebens- und Antriebskräfte, die im Brustraum zur Gefühlswelt des Menschen erwachen. In dieser Weite des Willens- und Gefühlsausdrucks bildet Trikonasana eine Achse zwischen Himmel und Erde: sie verbindet die formenden Kräfte der Materie und die Ziele und Perspektiven des Geistes zu einem schöpferischen Geschehen.
Die Wirkungen von Trikonasana
Körperliche Wirkungen
- Stärkung und Dehnung der Muskulatur:
- Beine: Die Haltung kräftigt die Oberschenkel, Waden und Knöchel. Die Dehnung der Beinmuskulatur, insbesondere der inneren Oberschenkel, wird intensiv gefördert.
- Rumpf: Die seitliche Streckung des Oberkörpers stärkt und dehnt die Zwischenrippenmuskulatur, was die Atmung verbessert. Die Bauch- und Rückenmuskeln arbeiten, um die Stabilität zu halten.
- Schultern und Arme: Die Ausrichtung der Arme verbessert die Beweglichkeit der Schultern und kräftigt die Schultermuskulatur.
Verbesserung der Flexibilität:
- Die Hüftgelenke und die Wirbelsäule werden mobilisiert. Insbesondere die seitliche Beugung fördert die Flexibilität der Wirbelsäule und wirkt vorbeugend gegen Steifheit im unteren Rücken.
Förderung der Körperhaltung und Ausrichtung:
- Trikonasana lehrt den Körper, in einer ausgerichteten Position zu arbeiten. Es verbessert die Haltung, indem es Fehlhaltungen im Becken und der Wirbelsäule korrigiert.
Stimulation der inneren Organe:
- Die seitliche Kompression des Bauches auf einer Seite und die Dehnung auf der anderen Seite massieren die inneren Organe, insbesondere die Verdauungsorgane wie Magen, Leber und Milz. Dies kann die Verdauung anregen und die Entgiftung fördern.
Förderung der Atmung:
- Durch die Öffnung des Brustkorbs und die Dehnung der Zwischenrippenmuskulatur wird die Atemkapazität erhöht. Die tiefe Atmung in dieser Haltung kann die Sauerstoffversorgung des Körpers verbessern.
Linderung von Rückenschmerzen:
- Regelmäßige Praxis kann helfen, Schmerzen im unteren Rücken zu lindern, da die Haltung die Rückenmuskulatur stärkt und Verspannungen löst.
Energetische Wirkungen
- Harmonisierung der Energieflüsse:
- Die Haltung öffnet die Energiebahnen (Nadis) entlang der Wirbelsäule und der Flanken. Insbesondere werden die Seitenkanäle Ida (Mondenergie, linke Seite) und Pingala (Sonnenenergie, rechte Seite) stimuliert, was zu einem harmonischen Energiefluss im Körper beiträgt.
Aktivierung der Chakras:
- Manipura-Chakra (Solarplexus): Trikonasana aktiviert dieses Energiezentrum, das für die Antriebsenergien, die expansiven Lebenskräfte des Menschen steht.
- Anahata-Chakra (Herz): Die Öffnung des Brustraums aktiviert das Herzzentrum und das damit verbundene das Element der Luft: Wahrnehmungsoffenheit und eine weite Gefühlstätigkeit.
Förderung der Vitalität:
- Die Haltung entfacht das Lebensfeuer und löst Blockaden der Energiebahnen, was Lebendigkeit und Leichtigkeit entstehen lässt.
Geistige Wirkungen
- Förderung von Konzentration und Klarheit:
- Seitbeugende Asanas wirken öffnend und wahrnehmungsfördernd, was sich auch auf die Klarheit und Konzentration des Geistes überträgt.
Gleichgewicht von Körper und Geist:
- Die Haltung erfordert eine präzise Ausrichtung und Achtsamkeit, was die Verbindung zwischen Körper und Geist stärkt.
Stressabbau und innere Ruhe:
- Trikonasana hat eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem. Die tiefe Atmung und das bewusste Verweilen in der Haltung fördern Entspannung und Gelassenheit.
Förderung von emotionalem Gleichgewicht:
- Durch die Aktivierung des Anahata-Chakras hilft die Haltung, emotionale Blockaden zu lösen und Gefühle von Leichtigkeit und Offenheit zu fördern.
Stärkung der Willenskraft:
- Das Halten der Haltung erfordert Geduld und mentale Stärke. Dies fördert die Willenskraft und die Fähigkeit, Herausforderungen mit Gelassenheit zu begegnen.
Meditative Qualität:
- Trikonasana lädt durch seine symmetrische und offene Natur dazu ein, einen meditativen Zustand zu kultivieren, indem man sich auf Atmung, Ausrichtung und das Spüren der Dehnung konzentriert.
Zitate zu Trikonasana
B.K.S. Iyengar – Light on Yoga (1966):
„Trikonasana stärkt die Muskeln der Beine, der Hüften und des unteren Rückens. Es verbessert die Flexibilität der Wirbelsäule und öffnet die Brust, was zu einer besseren Atmung führt.“
- Quelle: B.K.S. Iyengar, Light on Yoga, Schocken Books, 1979, S. 54.
Swami Satyananda Saraswati – Asana Pranayama Mudra Bandha (1969):
„Diese Haltung bringt Balance zwischen den physischen und mentalen Energien des Körpers. Sie ist besonders nützlich, um die Energiekanäle der Seiten des Körpers zu öffnen.“
- Quelle: Swami Satyananda Saraswati, Asana Pranayama Mudra Bandha, Yoga Publications Trust, 1996, S. 124.
André Van Lysebeth – Yoga für Menschen von heute (1968):
„Das Dreieck ist eine der vielseitigsten Haltungen im Yoga. Es stärkt die Beine, öffnet die Hüften und fördert die Elastizität der Wirbelsäule. Gleichzeitig werden die inneren Organe massiert, was sich positiv auf die Verdauung auswirkt.“
- Quelle: André Van Lysebeth, Yoga für Menschen von heute, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 98.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Trikonasana
1. Vorbereitung und Ausgangsposition
- Stelle dich aufrecht auf deine Übungsmatte.
- Atme ein paar Mal tief ein und aus, um dich zu zentrieren.
2. Beine spreizen
- Setze beim Einatmen einen großen Schritt zur Seite, sodass die Beine in einer weiten Grätsche stehen. Die Grätsche sollte nicht zu sparsam sein, aber auch nicht überdehnen – sie sollte eine sanfte Dehnung – und damit eine Energetisierung vermitteln
- Die Füße sollten fest und stabil auf dem Boden stehen, das Gewicht gleichmäßig verteilt.
3. Ausrichtung der Füße
- Drehe den rechten Fuß um 90 Grad nach außen, sodass die Zehen gerade nach vorne zeigen.
- Der linke Fuß wird leicht nach innen gedreht, etwa 30 Grad, um die Hüfte zu stabilisieren.
- Achte darauf, dass die Ausrichtung der beiden Füße eine Linie bildet.
4. Arme anheben
- Hebe die Arme seitlich auf Schulterhöhe an, parallel zum Boden.
- Die Handflächen zeigen nach unten.
- Ziehe die Schulterblätter leicht nach hinten, um die Brust zu öffnen.
5. Seitliche Neigung des Oberkörpers
- Beuge dich mit dem Ausatmen langsam nach rechts.
- Die Hüfte bleibt seitlich ausgerichtet und stabil.
- Schiebe die linke Hüfte leicht nach hinten, während du dich nach rechts streckst.
6. Position der rechten Hand
- Die rechte Hand gleitet hinunter zum rechten Schienbein, Knöchel oder Boden, je nach Flexibilität. Idealerweise bleibt der rechte nach unten zeigende Arm (Hand) frei, also nicht aufgestützt.
- Achte darauf, dass du dich nicht „fallen lässt“, sondern die Dehnung aktiv kontrollierst.
7. Linker Arm und Kopfposition
- Der linke Arm wird senkrecht nach oben gestreckt, die Handfläche zeigt nach vorne.
- Richte deinen Blick zur oberen Hand, wenn es angenehm ist; andernfalls schaue geradeaus.
- Achte darauf, dass der Nacken entspannt bleibt und die Wirbelsäule in einer Linie bleibt.
8. Körperausrichtung und Haltung
- Halte beide Seiten des Oberkörpers gleich lang, vermeide ein Zusammenziehen der rechten Seite.
- Der Brustkorb sollte geöffnet sein, nicht nach unten fallen.
- Halte das rechte Bein gestreckt, ohne das Knie zu überstrecken. (Bei Überbeweglichkeit der Knie kann das Bein leicht gebeugt werden)
9. Atmung und Verweilen
- Atme langsam und tief durch die Nase ein und aus.
- Verweile in der Haltung, anfangs für 20–30 Sekunden oder länger.
- Spüre die Dehnung entlang der Seiten, Hüften und der Oberschenkel.
10. Auflösen der Haltung
- Komm beim Einatmen langsam zurück in die aufrechte Position.
- Bring die Arme wieder seitlich herunter und drehe die Füße in die Ausgangsposition.
11. Wiederholung auf der anderen Seite
- Drehe den linken Fuß um 90 Grad nach außen und den rechten leicht nach innen.
- Wiederhole die Schritte für die linke Seite.
12. Abschluss
- Nach der Haltung kannst du die Beine kurz ausschütteln oder in Tadasana (Bergstellung) stehen, um nachzuspüren.
Hinweise:
- Ausrichtung beachten: Halte die Hüften in einer Ebene und vermeide, dass sie nach vorne oder hinten kippen.
- Hilfsmittel nutzen: Wenn die Dehnung zu intensiv ist, lege die untere Hand auf einen Übungsblock oder einen stabilen Gegenstand.
- Vermeidung von Überlastung: Senke den Oberkörper nicht zu tief in die Haltung; also nur so weit, wie du dich noch frei nach oben öffnen kannst. Es ist wichtiger, die richtige Ausrichtung zu bewahren, als die Hand möglichst nah zum Boden zu bringen.