Das Sinnbild der Übung
Das Ideal des Kriegers war in den meisten Hochkulturen von großer Bedeutung. Dabei verkörpert der Krieger nicht Gewaltbereitschaft oder Aggression, sondern das Ideal eines Menschen, der seine Willenskraft und Handlungsstärke in den Dienst einer höheren Wahrheit stellt. Die Samurai der chinesischen Tradition etwa folgten dem „Bushido“, einem ethischen Kodex, der höhere Ideale wie Mut und Mitgefühl, Aufrichtigkeit und Loyalität forderte. In seiner Wortbedeutung ist der Samurai ein „Dienender“, der einer höheren, universellen Ordnung der Dinge verpflichtet ist. Er ist ein Entsagender, der – innerlich gemeistert und damit frei von Begehren, Angst oder Aggression – nichts mehr für sich selbst wünscht. Sein Kampf ist ein Innerer, der ihn von egoistischen Regungen frei macht und ihn damit befähigt, aus der Reinheit seiner inneren Motive – kämpfend – auf die Geschehnisse der Welt einzuwirken.
Die Vollendung dieses Ideals findet sich im Sanskrit-Begriff des „Arya“, der durch ideologische Interpretation eine völkische Deutung – und im dritten Reich schließlich eine vollständige Pervertierung – erfuhr. Sri Aurobindo hat den Begriff des „Arya“ wieder in seiner eigentlichen, psychologisch-spirituellen Bedeutung zugänglich gemacht: als das alte vedische Ideal des spirituellen Kriegers, der die Bindungen seiner Natur überwunden hat und durch die Macht seiner spirituellen Verwirklichung auf das äußerliche Leben einwirkt.
Innere Stärke und Stabilität, Gleichmaß und Harmonie im Gefühlsausdruck, Stille und übergeordnete Perspektive im Geist. So erbaut sich das Sinnbild des Kriegers in Virabhadrasana.
Die Wirkungen von Virabhadrasana – der Krieger
Körperliche Wirkungen
- Stärkt Beine, Knie, Knöchel und Oberschenkelmuskulatur
- Fördert Flexibilität und Mobilität in den Hüften und Leisten
- Kräftigt Schultern, Arme und oberen Rücken
- Verbessert die Standfestigkeit und das Gleichgewicht
- Dehnt den Brustraum, wodurch die Atmung vertieft wird
- Fördert eine aufrechte Körperhaltung und verbessert die Wirbelsäulenstabilität
- Erhöht die Ausdauer und Kraft in den Beinen durch die tiefe Haltung
Energetische Wirkungen
- Aktiviert Manipura Chakra und Anahata Chakra
- Fördert Erdung und Stabilität über das Muladhara Chakra (Wurzelchakra)
- Unterstützt den Energiefluss entlang der Wirbelsäule durch die seitliche Streckung
- Harmonisiert die Verbindung zwischen linker und rechter Körperhälfte
Geistige Wirkungen
- Erhöht Willenskraft und Konzentration
- Fördert Mut, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen
- Unterstützt das Überwinden von Ängsten und Unsicherheiten
- Vermittelt eine kraftvolle und überpersönliche innere Haltung
- Stärkt Geduld und Selbstdisziplin
Zitate zu Virabhadrasana – der Krieger
- Swami Satyananda Saraswati – Asana Pranayama Mudra Bandha (2008, S. 372)
„Vīrabhadrāsana fördert Konzentration und Balance, indem es die Stabilität und den Fokus des Geistes stärkt. Es ist eine Haltung des Mutes und der Entschlossenheit.“
- Shri Yogendra – Yoga Asanas Simplified (1981, S. 46)
„Diese Asana entwickelt Mut, Selbstvertrauen und mentale Ausdauer. Sie hilft, emotionale Unsicherheiten zu überwinden und fördert eine positive Geisteshaltung.“ - B.K.S. Iyengar – Light on Yoga (1966, S. 77)
„Vīrabhadrāsana gibt Kraft, Mut und Anmut. Die Haltung verbessert die Standfestigkeit, stärkt die Muskeln der Beine und des Rückens und entwickelt eine kraftvolle Brust.“
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Virabhadrasana – der Krieger
1. Ausgangsposition (Tadasana – Berghaltung)
- Stelle dich aufrecht hin, die Füße hüftbreit auseinander.
- Halte den Rücken gerade und die Schultern entspannt.
2. Grätsche die Beine
- Mache einen großen Schritt nach hinten, so dass du in einer gegrätschten Position ankommst.
- Die Grätsche sollte so beschaffen sein, dass die Beininnenseiten eine sanfte Dehnung verspüren. Du solltest nicht zu tief in die Grätsche gehen, um nicht zu überdehnen, aber auch nicht zu schmal, weil die Energetisierung der Beine sonst nicht gegeben ist.
- Drehe den vorderen Fuß um 90° nach außen, sodass die Zehen nach vorne zeigen.
- Der linke Fuß bleibt leicht nach innen gedreht (ca. 30°).
- Die Fersen sind in einer Linie oder leicht versetzt.
3. Beuge das vordere Knie
- Beuge das vordere Knie so, dass es direkt über dem Knöchel bleibt.
- Der Oberschenkel sollte parallel zum Boden sein oder sich ihm annähern.
- Achte darauf, dass das Knie nicht nach innen oder außen kippt.
4. Halte das hintere Bein aktiv
- Das hintere Bein bleibt gestreckt und stark, die Fußaußenkante drückt in den Boden.
5. Arme auf Schulterhöhe ausstrecken
- Hebe die Arme parallel zum Boden und strecke sie nach vorne und hinten.
- Die Handflächen zeigen nach unten, die Schultern bleiben entspannt.
6. Blick über die vordere Hand richten
- Der Kopf dreht sich nach vorne, der Blick geht zur Hand.
- Der Blick bleibt zentriert, der Kopf aufrecht, der Nacken entspannt.
7. Halte den Oberkörper mittig und aufrecht:
- Einer der häufigsten Fehler in Virabhadrasana liegt in der Fehlhaltung des Oberkörpers, der in die Zugrichtung der Asana strebt, wodurch sie Gleichgewicht und Zentrierung verliert.
- Halte das Gleichgewicht zwischen Stabilität und Leichtigkeit.
8. Stabilisierung
- Zur weiteren Stabilisierung der Haltung kannst du „Mula Bandha“ oder „Pada Bandha“ halten. Auch ein sanftes Zusammenziehen der Füße nach Innen kann die Position zusätzlich stabilisieren.
9. Seitenwechsel
- Wiederhole die Haltung auf der anderen Seite.