Yoga Psychologie
Die Flamme(n) der Liebe / Teil 2
Die Flamme der Begehrensnatur
Die Flamme der vitalen Liebe besagt, dass es in der Natur der vitalen Liebe liegt, nicht zu dauern oder, wenn sie zu dauern versucht, nicht zu befriedigen, weil sie eine Leidenschaft ist, welche die Natur eingeführt hat, um einem zeitlichen Zweck zu dienen; sie ist also gut genug für einen zeitlichen Zweck, und normalerweise neigt sie zum Verblassen, wenn sie dem Zweck der Natur genügend gedient hat.
Da der Mensch ein vielfältigeres Wesen ist, ruft sie in der Menschheit die Hilfe von Vorstellungskraft und Idealismus herbei, um ihren Drang zu unterstützen, gibt ein Gefühl von Inbrunst, von Schönheit und Feuer und Pracht; doch alles verblasst nach einiger Zeit. Es kann nicht dauern. Weil alles geborgtes Licht und geborgte Macht ist, geborgt im Sinne eines Widerscheins, erhascht von etwas darüber und nicht heimisch im widerspiegelnden vitalen Medium, dessen sich die Vorstellungskraft zu diesem Zweck bedient.
Nichts dauert im Geist und im Vitalen, alles ist dort im Fluss. Das einzige, was dauert, ist die Seele, der Spirit. Darum kann Liebe nur dauern und befriedigen, wenn sie sich auf die Seele und den Spirit gründet, wenn sie dort ihre Wurzeln hat. Doch das bedeutet, nicht mehr im Vitalen, sondern in der Seele und im Spirituellen Bewusstsein zu leben.
(Sri Aurobindo, „On Yoga“ II)
Göttliche Liebe und menschliche Natur
Liebe ist eine der großen Kräfte des Weltalls; sie besteht in sich selbst, unabhängig von den Gegenständen, in denen, durch die hindurch und für die sie sich in einer immer freien Bewegung offenbart. Die Menschen meinen, sie hätten sich plötzlich verliebt; sie sehen ihre Liebe entstehen, wachsen und vergehen, oder auch etwas länger dauern bei denen, die für eine Verlängerung ihrer Regung mehr veranlagt sind.
Nicht allein in den Menschen offenbart sich die Liebe, sie ist überall. Ihre Bewegung regt sich in den Pflanzen, vielleicht sogar in den Steinen; es ist leicht, ihre Gegenwart in den Tieren zu erkennen. Die göttliche Liebe gibt sich und verlangt nichts. Was die Menschen daraus gemacht haben, davon spricht man besser nicht; sie haben sie zu etwas Abstoßendem und Hässlichem entstellt. Und dennoch bringt die erste Berührung mit der Liebe auch bei den Menschen einen Widerschein ihres reinsten Gehaltes mit sich; für einen Augenblick erweckt und vergrößert die göttliche Liebesberührung alles, was edel und schön ist.
Doch schon bald gewinnt die menschliche Natur die Oberhand zurück, voll unreiner Forderungen, verlangt etwas für das, was gegeben wurde, schachert um das, was uneigennütziges Geschenk sein sollte, beansprucht mit großem Lärm die Befriedigung niederer Begierden, verunstaltet und beschmutzt, was göttlich war.
(Die Mutter, Gespräche 1929)
Die Sprossen der Liebe
DIE SPROSSEN DER LIEBE
Zuerst liebt man nur, wenn man geliebt wird.
Dann liebt man spontan, will jedoch wieder geliebt
werden.
Später liebt man, auch wenn man nicht geliebt
wird, doch liegt einem daran, dass die Liebe angenom-
men werde.
Und schließlich liebt man rein und einfach, ohne
ein anderes Bedürfnis und ohne eine andere Freude
als nur zu lieben.
(Die Mutter, Bulletin, April 1965)
Das Erwachen der Flamme
Diese menschliche Bewegung der Liebe sucht heimlich nach etwas anderem als dem, was sie bisher gefunden hat; doch sie weiß nicht, wo sie es finden soll, sie weiß nicht einmal, was es ist. In dem Augenblick, in dem das menschliche Bewusstsein zur göttlichen Liebe erwacht, rein, unabhängig von jeder Erscheinung in menschlichen Formen, erkennt es, wonach sich sein Herz die ganze Zeit wahrhaftig gesehnt hat. Das ist der Beginn des Strebens der Seele, das das Erwachen des Bewusstseins und seine Sehnsucht nach der Vereinigung mit dem Göttlichen mit sich bringt.
(Collected Words of the Mother, 3:73-74)
„Bewohnen wird mächtgere Art des Sterblichen Welt.
Auf hellen Höhn der Natur und auf Spirits Grund
wird herrschen als Lebens König der Übermensch,
die Erde zu Himmels Gespielin machen und lenken
des Menschen unwissend Herz gen Wahrheit und Gott
und heben sein Sterbliches gen Göttlichkeit…
…der Erde Gesetz wird Göttliche Eintracht sein
und Schönheit und Freude erneuern ihre Lebensart…“
(Sri Aurobindo, „Sawitri“– Das Buch vom immerwährenden Tag)