Virabhadrasana – der Krieger
(Autor: Fabian Scharsach)
Das Sinnbild der Übung
Das Ideal des Kriegers war in den meisten Hochkulturen von großer Bedeutung, obgleich es nicht um Gewaltbereitschaft oder Aggression ging. Vielmehr verkörpert der Krieger das Ideal eines Menschen, der seine Willenskraft und Handlungsstärke in den Dienst einer höheren Wahrheit stellt.
Die Samurai der chinesischen Tradition etwa folgten dem „Bushido“, einem ethischen Kodex, der höhere Ideale wie Mut und Mitgefühl, Aufrichtigkeit und Loyalität forderte. Dabei ist der Samurai in seiner Wortbedeutung ein „Dienender“, der einer höheren, universellen Ordnung der Dinge verpflichtet ist.
Er ist ein Entsagender, der – innerlich gemeistert und damit frei von Begehren, Angst oder Aggression – nichts mehr für sich selbst wünscht. Somit ist sein Kampf ein innerer, der ihn von egoistischen Regungen frei macht und ihn dadurch befähigt, aus der Reinheit seiner inneren Motive – kämpfend – auf die Geschehnisse der Welt einzuwirken.
Die Vollendung dieses Ideals findet sich im Sanskrit-Begriff des „Arya“, der infolge ideologischer Interpretation eine völkische Deutung – und im Dritten Reich schließlich eine vollständige Pervertierung – erfuhr. Jedoch hat Sri Aurobindo den Begriff des „Arya“ wieder in seiner eigentlichen, psychologisch-spirituellen Bedeutung zugänglich gemacht: als das alte vedische Ideal des spirituellen Kriegers, der die Bindungen seiner Natur überwunden hat und dadurch, durch die Macht seiner spirituellen Verwirklichung, auf das äußerliche Leben einwirkt.
Innere Stärke und Stabilität, Gleichmaß und Harmonie im Gefühlsausdruck, Stille sowie übergeordnete Perspektive im Geist – so erbaut sich das Sinnbild des Kriegers in Virabhadrasana.
Zitate zu Virabhadrasana – der Krieger
„Vīrabhadrāsana fördert Konzentration und Balance, indem es die Stabilität und den Fokus des Geistes stärkt. Es ist eine Haltung des Mutes und der Entschlossenheit.“
(Quelle: Swami Satyananda Saraswati, Asana Pranayama Mudra Bandha, 2008, S. 372)
„Diese Asana entwickelt Mut, Selbstvertrauen und mentale Ausdauer. Sie hilft, emotionale Unsicherheiten zu überwinden und fördert eine positive Geisteshaltung.“
(Quelle: Shri Yogendra, Yoga Asanas Simplified, 1981, S. 46)
„Vīrabhadrāsana gibt Kraft, Mut und Anmut. Die Haltung verbessert die Standfestigkeit, stärkt die Muskeln der Beine und des Rückens und entwickelt eine kraftvolle Brust.“
(Quelle: B.K.S. Iyengar,Light on Yoga, 1966, S. 77)
Die Wirkungen von Virabhadrasana – der Krieger
Körperliche Wirkungen
Stärkung:Stärkt Beine, Knie, Knöchel sowie die Oberschenkelmuskulatur
Flexibilität:Fördert sowohl Flexibilität als auch Mobilität in den Hüften und Leisten
Kräftigung:Kräftigt Schultern, Arme und darüber hinaus den oberen Rücken
Gleichgewicht:Verbessert die Standfestigkeit und zugleich das Gleichgewicht
Dehnung:Dehnt den Brustraum, wodurch die Atmung vertieft wird
Stabilität:Fördert eine aufrechte Körperhaltung und trägt damit zur verbesserten Wirbelsäulenstabilität bei
Ausdauer:Erhöht die Ausdauer und darüber hinaus die Kraft in den Beinen aufgrund der tiefen Haltung
Energetische Wirkungen
Aktivierung:Aktiviert sowohl das Manipura Chakra als auch das Anahata Chakra
Erdung:Fördert Erdung und Stabilität überdies über das Muladhara Chakra (Wurzelchakra)
Energie:Unterstützt den Energiefluss entlang der Wirbelsäule aufgrund der seitlichen Streckung
Harmonie:Harmonisiert die Verbindung zwischen linker und zugleich rechter Körperhälfte
Geistige Wirkungen
Konzentrationsförderung:Erhöht Willenskraft sowie Konzentration
Durchhaltevermögen:Fördert Mut, Entschlossenheit und darüber hinaus Durchhaltevermögen
Selbstvertrauen:Unterstützt das Überwinden von Ängsten wie auch Unsicherheiten
Innere Stärke:Vermittelt eine kraftvolle und zugleich überpersönliche innere Haltung
Disziplin:Stärkt Geduld und außerdem Selbstdisziplin
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Virabhadrasana – der Krieger
1. Schritt: Ausgangsposition (Tadasana – Berghaltung)
- Stelle dich aufrecht hin, die Füße hüftbreit auseinander.
- Halte den Rücken gerade und die Schultern entspannt.
2. Schritt: Grätsche die Beine
- Mache einen großen Schritt nach hinten, so dass du in einer gegrätschten Position ankommst.
- Die Grätsche sollte so beschaffen sein, dass die Beininnenseiten eine sanfte Dehnung verspüren. Du solltest nicht zu tief in die Grätsche gehen, um nicht zu überdehnen, aber auch nicht zu schmal, weil die Energetisierung der Beine sonst nicht gegeben ist.
- Drehe den vorderen Fuß um 90° nach außen, sodass die Zehen nach vorne zeigen.
- Der linke Fuß bleibt leicht nach innen gedreht (ca. 30°).
- Die Fersen sind in einer Linie oder leicht versetzt.
3. Schritt: Beuge das vordere Knie
- Beuge das vordere Knie so, dass es direkt über dem Knöchel bleibt.
- Der Oberschenkel sollte parallel zum Boden sein oder sich ihm annähern.
- Achte darauf, dass das Knie nicht nach innen oder außen kippt.
4. Schritt: Halte das hintere Bein aktiv
- Das hintere Bein bleibt gestreckt und stark, die Fußaußenkante drückt in den Boden.
5. Schritt: Strecke die Arme auf Schulterhöhe aus
- Hebe die Arme parallel zum Boden und strecke sie nach vorne und hinten.
- Die Handflächen zeigen nach unten, die Schultern bleiben entspannt.
6. Schritt: Richte den Blick über die vordere Hand
- Der Kopf dreht sich nach vorne, der Blick geht zur Hand.
- Der Blick bleibt zentriert, der Kopf aufrecht, der Nacken entspannt.
7. Schritt: Halte den Oberkörper mittig und aufrecht
- Einer der häufigsten Fehler in Virabhadrasana liegt in der Fehlhaltung des Oberkörpers, der in die Zugrichtung der Asana strebt, wodurch sie Gleichgewicht und Zentrierung verliert.
- Halte das Gleichgewicht zwischen Stabilität und Leichtigkeit.
8. Schritt: Stabilisierung
- Zur weiteren Stabilisierung der Haltung kannst du „Mula Bandha“ oder „Pada Bandha“ halten. Auch ein sanftes Zusammenziehen der Füße nach Innen kann die Position zusätzlich stabilisieren.
9. Schritt: Seitenwechsel
- Wiederhole die Haltung auf der anderen Seite.