Ardha Matsyendrasana – der (halbe) Drehsitz
(Autor: Fabian Scharsach)
Das Sinnbild der Übung
Matsyendrasana – der Drehsitz in seinen verschiedenen Ausführungen – ist erdend, stabilisierend und gleichfalls energetisierend. Zuhöchst ist er aber eine Übung des Geistes, denn er symbolisiert die Überwindung und Loslösung des Bewusstseins von den Bindungen an seine Natur. Der Drehsitz verkörpert die Klarheit und Konzentration eines frei gewordenen Geistes, der diese Asana mit Weitblick und Übersicht führt; Die Energien des Körpers sind beherrscht und auf die übergeordneten Ziele und Perspektiven des Geistes eingestimmt. Sinnbildhaft verkörpert Matsyendrasana die Umwandlung und Neuausrichtung des natürlichen Menschen im Licht eines höheren Bewusstseins.
Die Wirkungen von (Ardha) Matsyendrasana – dem Drehsitz
Körperliche Wirkungen
- Drehsitze regulierenFehlhaltungen der Wirbelsäule und sind daher gute Ausgleichshaltungen.
- Förderung der Verdauung:Die Verdrehung des Rumpfes massiert die inneren Organe, insbesondere Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Darm, was die Verdauung anregt und die Ausscheidung von Toxinen unterstützt.
- Verbesserung der Wirbelsäulengesundheit:Die Asana fördert die Beweglichkeit und Ausrichtung der Wirbelsäule, hilft bei der Linderung von Rückenschmerzen und kann Spannungen in den paraspinalen Muskeln (entlang der Wirbelsäule) lösen.
- Regulation der endokrinen Funktion:Die Kompression und anschließende Auflösung im Bauchraum wirken sich positiv auf die endokrinen Drüsen wie die Bauchspeicheldrüse aus, was zur Kontrolle des Blutzuckers beitragen kann.
Energetische Wirkungen
- Reinigung der Nadis:Die Drehung wird in klassischen Texten als energetisch reinigend beschrieben, da sie Blockaden in den Energiebahnen (Nadis) löst.
- Stimulierung von Kundalini:Laut der Hatha Yoga Pradipika erweckt die Asana die schlafende Kundalini-Energie, die, erwacht und aufsteigend die Zentren (Chakras) öffnet..
Geistige Wirkungen
- Harmonie eines Denkens, das im Licht einer höheren Perspektive zu Klarheit und Ausdruck erwacht.
Zitate zu (Ardha) Matsyendrasana
- Hatha Yoga Pradipika (Kapitel 1, Vers 27):
„Matsyendrasana zerstört die Gebrechen vielerlei Art, regt das Verdauungsfeuer an und erweckt die Kundalini-Schlange.“ (Quelle: Swami Swatmarama,Hatha Yoga Pradipika)
- Gheranda Samhita (Kapitel 2, Vers 22):
„Durch Matsyendrasana werden die Nadis gereinigt, das Agni (Verdauungsfeuer) gestärkt und alle Krankheiten vertrieben.“ (Quelle: Gheranda Samhita, Cosmo Publications, 2006)
- Iyengar, B.K.S. (Light on Yoga, 1966):
„Matsyendrasana verleiht Beweglichkeit der Wirbelsäule, massiert die inneren Organe und reguliert die Verdauung. Es ist besonders nützlich für Diabetiker und Menschen mit Wirbelsäulenleiden.“ (Quelle: B.K.S. Iyengar,Light on Yoga, Schocken Books, 1979)
- Swami Satyananda Saraswati (Asana Pranayama Mudra Bandha, 1969):
„Die Asana harmonisiert die Funktionen von Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse und Darm. Sie wird zur Linderung von Verstopfung, Blähungen und anderen Verdauungsproblemen eingesetzt.“
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Ardha Matsyendrasana – den halben Drehsitz
1.Beine vorbereiten:
- Ausgangsposition: Dandasana (Langsitz)
- Beuge dein rechtes Knie und stelle den rechten Fuß flach auf den Boden, nahe der Außenseite deines linken Oberschenkels.
- Beuge nun dein linkes Bein, sodass die linke Ferse nahe an die Außenseite deiner rechten Hüfte kommt. (Falls das unangenehm ist, lass das linke Bein einfach ausgestreckt.)
2.Rumpf und Drehung vorbereiten:
- Drehe deinen Oberkörper sanft nach rechts und vertiefe die Drehung ebenso sanft und mit Ruhe
- Streck dich dabei nach oben, um die Wirbelsäule zu verlängern.
- Achte darauf, dass dein Rücken gerade bleibt und du dich nicht nach hinten lehnst.
3.Armplatzierung:
- Bringe deinen linken Arm über dein rechtes Knie, sodass du mit der linken Hand oder dem Ellenbogen das rechte Knie greifen kannst.
- Setze deine rechte Hand flach hinter deinem Gesäß auf den Boden, um die Drehung zu stabilisieren und den Rücken aufrecht zu halten.
4.Feinjustierung der Haltung:
- Richte deine Wirbelsäule weiterhin auf und stelle dir vor, dass du nach oben „wächst“.
- Der Kopf dreht nach hinten, der Blick folgt der Ausrichtung des Schultergürtels.
5.Atmung und Halten:
- Atme ruhevoll und sanft.
- Halte die Position so lange, wie dein Blick und Geist konzentriert bleiben können.
6.Auflösen der Haltung:
- Drehe deinen Kopf zuerst langsam zurück zur Mitte, dann folgt der Oberkörper.
- Löse die Beine und strecke sie wieder in die Ausgangsposition (Dandasana).
7.Wiederholung auf der anderen Seite:
- Wiederhole die Haltung auf der linken Seite: Beuge dein linkes Knie, drehe deinen Oberkörper nach links und folge den gleichen Schritten.